Abnahmeklausel unwirksam: Mängelhaftung endet nach 15 Jahren!
(06.06.2024) Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauträgers, wonach die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch drei aus der Mitte der Erwerber zu wählende Vertreter erfolgt, verstößt gegen das AGB-rechtliche Transparenzgebot und ist deshalb unwirksam. Aufgrund der Unwirksamkeit der Abnahmeklausel wirken die Abnahmeerklärungen allenfalls für die drei Erwerber, die die Abnahme erklärt haben. Im Hinblick auf die übrigen Erwerber liegt keine wirksame Abnahmeerklärung vor. Es ist dem Verwender einer unwirksamen Abnahmeklausel verwehrt, sich darauf zu berufen, dass mangels Abnahme noch keine Mängelansprüche bestehen. Der Grundsatz, dass es einem Bauträger als Verwender einer unwirksamen Abnahmeklausel verwehrt ist, sich gegenüber Mängelrechten der Erwerber darauf zu berufen, dass sich der Vertrag bezüglich des Gemeinschaftseigentums noch im Erfüllungsstadium befindet, gilt nicht grenzenlos. Er kann dann nicht durchgreifen, wenn er zu schlichtweg unerträglichen Ergebnissen führen würde und die Erwerber dadurch nicht unbillig benachteiligt würden. Es entspricht nicht mehr Treu und Glauben, wenn ein faktisch unverjährbares Recht geschaffen wird, das den Grundsätzen des BGB, wonach schuldrechtliche Ansprüche immer verjährbar sind, widerspricht. Die Haftung eines Bauträgers für Mängel endet spätestens 15 Jahre nach der Fälligkeit seiner Leistung, so das OLG Stuttgart, Urteil vom 25.03.2024 - 10 U 13/23 (nicht rechtskräftig).
Ein Bauträger (B) schließt Ende der 1990er-Jahre Bauträgerverträge mit der Abnahmeklausel gemäß 1. Leitsatz ab. Die Übergaben und "Abnahmen" auf Grundlage der Klausel (1. Leitsatz) erfolgen bis in das Jahr 2001 hinein. Nach einem Beschluss 2017 leitet die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ein Beweisverfahren wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum gegen B ein und klagt anschließend Kostenvorschuss von 292.000 Euro ein. Das LG Stuttgart gibt der Klage vollumfänglich statt. Entscheidung Anders das OLG Stuttgart! Die Abnahmeklausel ist unwirksam (1. Leitsatz). Jedenfalls gegenüber den übrigen Erwerbern fehlt es an einer Abnahme (2. Leitsatz). Die WEG kann für diese Erwerber auch bereits Mängelrechte geltend machen (3. Leitsatz). Diese sind auch nicht verwirkt. Es führt aber zu einem unerträglichen Ergebnis, wenn die Erwerber noch Mängelrechte geltend machen könnten (4. Leitsatz). Würde man die höchstrichterliche Rechtsprechung konsequent zu Ende denken, wären die Mängelrechte unverjährbar (5. Leitsatz). Deshalb ist nach 15 Jahren - 10 Jahre Absolutverjährung zuzüglich fünf Jahre Mängelverjährung) - "Schluss".
Nachdem der Versuch des OLG Schleswig (IBR 2023, 134) im Falle einer fehlenden Abnahme wegen einer AGB-rechtlich unwirksamen Abnahmeklausel die Haftung des Bauträgers zu begrenzen, gescheitert ist (BGH, IBR 2024, 73), versucht es jetzt das nächste OLG (kaum mit Erfolgsaussichten). Europarechtlich ist zweifelhaft, ob eine solche "Haftungsbegrenzung" wirksam ist, weil Verstöße gegen die Klauselrichtlinie (93/13/EWG) "bestraft" werden müssen (vgl. Vogel, BauR 2024, 313, 328 ff. m.w.N.).
Gegen das Urteil wurde Revision beim BGH eingelegt (Az.: VII ZR 68/24).