Architekt teilt Bedenken nicht: Auftragnehmer muss sich an Auftraggeber wenden!
(10.05.2019) Ein Bedenkenhinweis des Auftragnehmers muss gegenüber dem Auftraggeber selbst oder dessen befugtem Vertreter erfolgen. Er muss so eindeutig sein, dass dem Auftraggeber die Tragweite einer Nichtbefolgung klar wird. Wird nicht der Auftraggeber, sondern sein bevollmächtigter Vertreter belehrt und verschließt sich dieser den vorgebrachten Bedenken, muss sich der Auftragnehmer unmittelbar an den Auftraggeber selbst wenden, so das OLG Celle in seinem Urteil vom 04.08.2016 - 13 U 104/12 (BGH, Beschluss vom 07.11.2018 - VII ZR 219/16 - Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).
Auftraggeber (AG) und Auftragnehmer (AN) streiten über Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln an einer Dachkonstruktion im Zusammenhang mit der Errichtung eines Supermarkts. Der AN verteidigt sich mit vermeintlich mitgeteilten Bedenken wegen unzulänglicher Vorarbeiten des AG.
Ohne Erfolg! Etwaige Bedenkenhinweise, die eine Haftung des AN ganz oder teilweise entfallen lassen, können nicht festgestellt werden. Gemäß § 4 Abs. 3 VOB/B hätte der AN vor Beginn seiner Arbeiten seine Bedenken dem AG mitteilen müssen, und zwar grundsätzlich in schriftlicher Form. Schriftliche Bedenkenhinweise kann der Senat nicht feststellen. Zutreffend ist zwar, dass auch mündlich erteilte Hinweise - auf die sich der AN ferner beruft - trotz des in der VOB/B wegen der besonderen Bedeutung der Hinweispflicht vorgesehenen schriftlichen Mitteilung nicht gänzlich unbeachtet bleiben dürfen und zu einem dem AG zuzurechnenden Mitverschulden (§ 254 BGB) führen können, so der Senat mit Verweis auf die Rechtsprechung des BGH (NJW 1975, 1217). Allerdings muss die Belehrung in Anbetracht ihrer erheblichen Bedeutung grundsätzlich vom AN selbst oder von dessen vertragsgemäß befugtem Vertreter gegenüber dem AG selbst oder dessen befugtem Vertreter erfolgen. Sie muss so eindeutig sein, dass die Tragweite einer Nichtbefolgung klar wird. Wird nicht der AG, sondern sein befugter Vertreter belehrt und verschließt sich dieser den vorgebrachten Bedenken, so muss sich der AN unmittelbar an den AG selbst wenden (BGH, a.a.O.). Eine diesen Anforderungen genügende mündliche Bedenkenmitteilung kann der Senat vorliegend nicht feststellen.
Den AN trifft die Darlegungs- und Beweislast, wie, wann und wem gegenüber er seine Bedenken mitteilt. Die Bedenkenmitteilung hat grundsätzlich schriftlich zu erfolgen. Hierfür reicht die telekommunikative Übermittlung nach § 127 Abs. 2 Satz 1 BGB. Im Einzelfall kann trotz der geforderten Schriftform ein mündlicher Hinweis genügen, wenn dieser eindeutig, vollständig und erschöpfend ist. Die Bedenken sind dem AG unverzüglich, möglichst schon vor Beginn der Arbeiten anzuzeigen. Die Verpflichtung zur Bedenkenanmeldung entfällt indes nicht, wenn der AN seine Arbeiten bereits begonnen hat. Auch die nicht rechtzeitige Mittelung kann Rechtswirkungen entfalten, insbesondere wenn durch diese weitere Schäden vermieden werden. Die Bedenken sind grundsätzlich vom AN selbst und jedenfalls dann gegenüber dem AG geltend zu machen, wenn etwa dessen benannter Vertreter sich den Bedenken verschließt. Es ist daher zu empfehlen, die Bedenkenmitteilung stets auch dem AG gegenüber abzugeben, wenn nicht sicher ausgeschlossen werden kann, dass sich auch ein zur Entgegennahme der Erklärung befugter Vertreter dem Bedenkenhinweis verwehrt. Grundsätzlich kann auch der Architekt ein geeigneter Empfänger einer solchen Bedenkenanzeige sein. Dies ist er jedoch dann nicht, wenn sich die Bedenken gerade auf eine fehlerhafte Planung beziehen (zu allem Vorstehenden: Fuchs, in: BeckOK VOB/B, Stand: 30.04.2018, § 4 Abs. 3 Rz. 16 bis 19 m.w.N.).