Auftragnehmer trägt das Risiko einer Änderung der anerkannten Regeln der Technik!
(24.05.2019) Der Auftragnehmer schuldet ein dauerhaft mangelfreies und funktionstaugliches Werk. Die Einstandspflicht des Auftragnehmers setzt lediglich voraus, dass dem Werk ein aus seinem Verantwortungsbereich herrührender Mangel anhaftet. Auch wenn der Auftragnehmer seine Leistung unter Beachtung der anerkannten Regeln der Technik erstellt hat, ist das Werk mangelhaft, wenn sich diese Regeln später als unrichtig erweisen. Inwiefern ein Mangel des Werks vorliegt, hängt nicht davon ab, ob der Auftragnehmer aufgrund ihm zugänglicher fachlicher Informationen darauf vertrauen durfte, dass seine Leistung die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit erfüllt. Ein Werk ist auch dann mangelhaft, wenn den Auftragnehmer kein Verschulden trifft, so das OLG Koblenz in seinem Urteil vom 27.09.2016 - 4 U 674/14 (BGH, Beschluss vom 21.11.2018 - VII ZR 263/16 - Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).
Der Auftragnehmer (AN) wird beauftragt, Betonsteinpflaster zu verlegen. Das Leistungsverzeichnis des Auftraggebers (AG) beschreibt detailliert, wie der Untergrund und der Pflasterbelag herzustellen sind. Kurz vor dem Ablauf der vereinbarten Mängelfrist beanstandet der AG, dass sich Pflastersteine gelockert und Risse gebildet haben. Nach Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens klagt der AG einen Kostenvorschuss i.H.v. reichlich 500.000 Euro ein. Der AN hält dem entgegen, dass die schadhaften Dehnungsfugen ausgeführt worden sind wie im Leistungsverzeichnis beschrieben. Die dort beschriebene Ausführung der Dehnungsfugen habe dem seinerzeit geltenden Regelwerk entsprochen.
Die Klage hat Erfolg! Der Unternehmer schuldet ein dauerhaft mangelfreies und funktionstaugliches Werk. Diese Erfolgshaftung gilt auch, wenn bei der Bauausführung die aktuell geltenden anerkannten Regeln der Technik eingehalten wurden. Ein beseitigungspflichtiger Werkmangel liegt auch vor, wenn sich diese Regeln später als unrichtig erweisen. Dass der Unternehmer aufgrund ihm zugänglicher fachlicher Informationen darauf vertrauen durfte, dass seine Leistung die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit aufweist, entlastet ihn nicht. Eine technisch untaugliche Werkleistung ist auch mangelhaft, wenn den Unternehmer kein Verschulden trifft und die Ausführung den im Zeitpunkt der Abnahme anerkannten Regeln der Technik entspricht. Praxishinweis Die richtige Entscheidung lenkt den Blick auf eine wichtige Abgrenzung. Da die werkvertragliche Mängelhaftung kein Verschulden voraussetzt, haftet der Werkunternehmer für einen Misserfolg auch, wenn er guten Glaubens die aktuell anerkannten Regeln der Technik eingehalten hat. Das gilt ausnahmslos für (eigene) Ausführungs- und/oder Planungsfehler. Anders ist die Rechtslage, soweit Baumängel (auch) auf fremde Vorleistungen i.S.v. § 13 Abs. 3 VOB/B zurückzuführen sind. Insoweit kann sich der Werkunternehmer mit dem Argument entlasten, dass er entweder nach § 4 Abs. 3 VOB/B Bedenken angemeldet hat oder den fremden Fehler nicht erkennen konnte, etwa weil eine technisch untaugliche Planung den seinerzeit aktuellen Regeln der Technik entsprach. Diese (im Einzelfall schwierige) Abgrenzung war vorliegend nicht entscheidungserheblich, weil die Baumängel wesentlich auch auf Ausführungsfehlern beruhten.