Ausführung einer "Weißen Wanne" muss besonders überwacht werden!
(02.11.2016) Für den bauleitenden Architekten besteht bei kritischen Bauabschnitten (hier: Ausführung eines Kellers/Tiefgarage als sog. "Weiße Wanne"), die besondere Gefahrenquellen bergen, eine erhöhte Überwachungspflicht. Zwar sind der Überwachungstätigkeit des Architekten Grenzen gesetzt, die sich aus dem von ihm zu erwartenden Wissensstand ergeben. Allerdings hat der Architekt die Zuverlässigkeit und Qualität des ausführenden Unternehmers einzuschätzen, er kann die Einhaltung der erforderlichen Rahmenbedingungen und der Grundvoraussetzungen für das konkrete Gewerk überprüfen, so das OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.04.2016 - 5 U 135/14.
Beim Bau einer Eigentumswohnanlage kommt es zu Ausführungsfehlern des bauausführenden Unternehmers bei der Betonierung im Kellergeschoss und der Tiefgarage. In der Tiefgarage wird Feuchtigkeit festgestellt. Ein Sachverständigengutachten stellt fest, dass neben Undichtigkeiten im Bereich der Anschlussfuge auch der Beton nicht ausreichend verdichtet worden ist, so dass Wasser eindringen kann. Dem Architekten wird eine mangelhafte Bauüberwachung vorgeworfen. Er meint, seine Bauüberwachungspflicht nicht verletzt zu haben, weil die Mängel für ihn nicht erkennbar gewesen seien. Auch sei es selbst bei bester Überwachung des Einbringens des Betons möglich, dass der Beton nicht hinreichend verdichtet werde und Lücken verblieben.
Der Architekt ist zum Schadensersatz verpflichtet, weil er seine Pflicht zur Bauüberwachung aus dem Architektenvertrag schuldhaft verletzt hat. Er muss die Baustelle, die dort tätigen Handwerker und deren Arbeiten gezielt überwachen und koordinieren, damit das Bauwerk mangelfrei und den planerischen Vorgaben entsprechend ausgeführt wird. Selbst bei einfachen gängigen Tätigkeiten im Sinne handwerklicher Selbstverständlichkeiten sind zumindest Stichproben erforderlich. Auf schwierige oder gefahrenträchtige Arbeiten, typische Gefahrenquellen und kritische Bauabschnitte aber muss der Architekt besonderes Augenmerk legen und sie in besonderer Weise beobachten und überprüfen. Dies gilt sowohl für Bewehrungs- und Betonierungsarbeiten zur Herstellung einer "Weißen Wanne" als auch für Abdichtungs- und Isolierungsarbeiten. Die mangelnde Verdichtung des Betons stellt im vorliegenden Fall einen Ausführungsfehler dar, der zugleich auch ein Mangel der Objektüberwachung ist. Der Ausführungsfehler hätte bei hinreichender Bauüberwachung entdeckt werden müssen. Es obliegt dem Architekten zu kontrollieren, ob bei der Ausführung die notwendigen Arbeitsschritte durchgeführt werden und ob sauber, kontrolliert, sorgfältig und mit geschulten Mitarbeitern gearbeitet wird. Es ist Aufgabe des Architekten, die Qualität und Leistungsfähigkeit des ausführenden Unternehmens zu beurteilen. Entsprechend dieser Erkenntnis muss er seine Überwachung organisieren und die Einhaltung der erforderlichen Rahmenbedingungen und Grundvoraussetzungen für das konkrete Gewerk überprüfen. Dies kann und muss er auch dann, wenn er die konkreten Spezialkenntnisse des besonderen Gewerks nicht besitzt.
Der Umfang der Bauüberwachungspflicht hängt von den Besonderheiten und dem Schwierigkeitsgrad der zu überwachenden Arbeiten im Einzelfall ab. Der Architekt muss nicht rund um die Uhr auf der Baustelle sein. Aber die für den weiteren Bau strategischen (Zeit-)Punkte darf er bei der Bauüberwachung nicht verpassen. Zum späteren Nachweis seiner Bauüberwachungstätigkeiten empfiehlt es sich, diese im Rahmen des Bautagebuchs sorgfältig zu dokumentieren. Je komplexer das Baugeschehen und je kritischer die zu überwachenden Arbeiten sind, desto genauer sollte er auch dabei vorgehen.