Bauen im Bestand: Kann der Auftraggeber Neubaustandard erwarten?
(05.02.2016) Wird ein Teil eines Bestandsgebäudes neu errichtet, kann der Auftraggeber davon ausgehen, dass der Neubaustandard eingehalten wird, wenn das möglich ist. So urteilte das OLG Schleswig am 27.03.2015 - 1 U 87/10 in einem nunmehr veröffentlichten Urteil.
Das ist der Fall. Der Eigentümer eines eingeschossigen Einfamilienhauses beauftragt den Architekten mit der Planung und Überwachung der Aufstockung des Gebäudes um ein Staffelgeschoss zum Zweck der Vermietung und etwas später der Errichtung eines Anbaus hierzu. Noch während der Bauphase beendet der Architekt seine Tätigkeiten. Nach Bezug der Erweiterungsbauten durch den Mieter nimmt der Eigentümer den Architekten auf Schadensersatz wegen einer Reihe von Planungs- und Überwachungsmängeln in Anspruch.
Zwischen der Decke des Altbaus und dem Fußboden der Aufstockung befinde sich kein ausreichender Trittschallschutz. Zudem überschritten die Höhenunterschiede zwischen den Stufen der zum Erweiterungsbau führenden Treppe den Toleranzrahmen nach der DIN.
Der Architekt verteidigt sich damit, dass er in Absprache mit dem Eigentümer geplant habe, den Schallschutz durch ein Abhängen der Decke im Altbau herzustellen. Die verschiedenen Auftrittshöhen seien erst nach vollständiger Montage der Wendeltreppe erkenn- und damit für eine sorgfältige Bauüberwachung nicht vermeidbar gewesen.
Das OLG gibt dem Eigentümer in seinem Urteil in beiden Punkten Recht!
Durch die geplante abgehängte Decke hätten unstreitig nur mittlere Schallschutzwerte nach DIN 4109 erreicht werden können. Die Planung habe indes von den erhöhten Schallschutzwerten der VDI 4100 auszugehen gehabt. Denn auch bei einem Umbau seien der Planung die aktuellen Schallschutzwerte zu Grunde zu legen, jedenfalls wenn erhebliche Eingriffe in die Bausubstanz erfolgen (OLG Düsseldorf, IBR 2010, 675). Dies habe mit der Rechtsprechung des BGH zu dem zwischen Wohnungseigentümern zu gewährleistenden Schallschutz (IMR 2015, 237) nichts zu tun.
Etwaige Zustimmungen des Bauherrn zu bestimmten Planungen schlössen nur dann einen Mangel aus, wenn der Architekt ihn vorher vollständig über Planungsvarianten aufgeklärt und belehrt habe (BGH, IBR 1996, 373).
Hinsichtlich der Treppe sei von einem Überwachungsfehler auszugehen, da der Architekt deren Maßhaltigkeit nach Errichtung nicht überprüft habe, auch wenn dieser Fehler letztlich für die geltend gemachten Schäden nicht kausal geworden sei.