Bauüberwacher hat keine Vollmacht zur Beauftragung von Nachträgen!
(05.12.2022) Verlangt der Auftragnehmer für die Ausführung seiner Meinung nach zusätzlicher Leistungen eine zusätzliche Vergütung, hat er darzulegen und zu beweisen, dass die Zusatzleistung auf einer Anordnung des Auftraggebers oder einer Anordnung eines dazu vom Auftraggeber bevollmächtigten Vertreters beruht. Aus dem Umstand, dass ein vom Auftraggeber mit der Bauüberwachung beauftragter Bauleiter Ausführungsmängel rügt und die Nachbesserung überwacht, ergibt sich allenfalls eine Vertretungsmacht in Bezug auf die zur technischen Ausführung bereits erteilten Aufträge, nicht aber in Bezug auf die Beauftragung von Nachtragsleistungen, so das OLG Köln mit Beschluss vom 27.05.2021 - 16 U 192/20 (BGH, Beschluss vom 07.09.2022 - VII ZR 649/21 - Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).
Der Auftragnehmer (AN) wird vom Auftraggeber (AG) mit Gehölzpflegearbeiten auf der Grundlage der VOB/B beauftragt. Der mit der Bauleitung vom AG beauftragte Mitarbeiter (M) verlangt, die Kronen weiter auszulichten, was nach Ansicht des AN eine zusätzliche Leistung darstellt, für die er eine zusätzliche Vergütung i.H.v. rund 60.000 Euro geltend macht. Als der AG diese nicht zahlt, erhebt der AN Klage. Das Landgericht (LG) ist der Ansicht, dass die Auslichtungen bereits von den in Auftrag gegebenen Pflegearbeiten umfasst seien, und weist die Klage ab. Der AN geht in Berufung.
Ohne Erfolg! Das Landgericht hat die Kronenauslichtung zu Recht als bereits vom Vertrag umfasst angesehen. Zudem übersieht der AN, dass selbst dann, wenn man zu seinen Gunsten unterstellen würde, dass die Auslichtungen nicht insgesamt zu seinem Auftragssoll gehörten, er zu einem Vergütungsanspruch nach den dann maßgeblichen Vorschriften des § 2 Abs. 6 VOB/B nicht schlüssig vorgetragen hat. Dass der AG i.S.v. § 2 Abs. 6 Nr. 1 Satz 1 VOB/B vertraglich nicht vorgesehene Leistungen gefordert hat, hat der für das Vorliegen eines vergütungspflichtigen Zusatzauftrags als Auftragnehmer darlegungspflichtige AN nicht dargetan. So ist der Bedeutungsgehalt der (streitigen) Äußerung des M, wonach man "von unten die Kronenspitze sehen können muss und alle Äste dazwischen raus müssen", nicht eindeutig auf die Ausführung nicht geschuldeter Gehölzarbeiten gerichtet. Diese Äußerung stellt lediglich eine Beanstandung der vom AN bis dahin ausgeführten Arbeiten dar. Auch der Vortrag des AN, er habe von einer Bevollmächtigung zur Erteilung des Zusatzauftrags ausgehen können, weil M von Anfang an ihm gegenüber als Bauleiter und zuständiger Mitarbeiter aufgetreten sei und er in der Vergangenheit Ausführungsmängel gerügt und Nachbesserungsarbeiten überwacht habe, führt nicht zum Erfolg (siehe Leitsatz 2). Schließlich hat der AG die Leistungen des AN nicht nachträglich anerkannt (siehe OLG Köln, IBR 2022, 613).
Die Tatsache, dass der vom AG eingesetzte Bauüberwacher grundsätzlich keine Nachtragsleistungen in Auftrag geben kann, entspricht ständiger Rechtsprechung (statt vieler OLG Frankfurt, IBR 1990, 14) und sollte sich in der Baubranche eigentlich schon seit Langem herumgesprochen haben. Etwas anderes gilt, wenn er vom AG entsprechend bevollmächtigt wurde. Aber Vorsicht: Nicht überall, wo "Vollmacht" draufsteht, ist auch Vollmacht drin. So wird ein Bauleiter z. B. mit der Formulierung, dass "als Bevollmächtigter des Bauherrn der Bauleiter gilt und dieser dazu berechtigt ist, Anordnungen zu treffen, die zur vertraglichen Durchführung der Leistung erforderlich sind", nicht dazu ermächtigt, im Namen des AG die Ausführung vergütungspflichtiger Änderungs- oder Zusatzleistungen anzuordnen (BGH, Urteil vom 07.03.2002 - VII ZR 1/00, IBRRS 2002, 0994).