Bei funktionaler Leistungsbeschreibung gibt es keine Nachträge! Oder etwa doch?
(14.10.2017) Ein Auftragnehmer, der sich verpflichtet hat, eine vollständige, funktionstüchtige und den Regeln der Technik entsprechende Anlage zu einem Pauschalpreis zu liefern, muss zur schlüssigen Darlegung eines Anspruchs auf Zusatzvergütung im Einzelnen vortragen, dass die von der vertraglichen Leistungsbeschreibung abweichenden Leistungen, deren zusätzliche Vergütung er verlangt, auf einer durch nachträgliche Änderungswünsche des Auftraggebers verursachten Änderung des Leistungsumfangs und nicht auf einer zur Herstellung der geschuldeten funktionsfähigen Anlage notwendigen Optimierung oder Fehlerbehebung beruhen, so das OLG Schleswig, Urteil vom 17.08.2017 - 7 U 13/16.
Der Auftragnehmer (AN) wird als Generalunternehmer mit der Planung und Errichtung eines Blockheizkraftwerks (BHKW) zum Pauschalpreis von 600.000 Euro beauftragt. Die VOB/B ist vereinbart. Das vom AN errichtete BHKW erreicht die zugesicherte thermische Leistung nicht. Es kommt u. a. zu einem Austausch der Abgaswärmetauscher. Der AN stellt seine Schlussrechnung über 745.000 Euro und beruft sich auf die Erteilung nachträglicher Zusatzaufträge. Der Auftraggeber (AG) meint, er habe keine Nachträge beauftragt, und beruft sich auf den Pauschalpreis, auf den er Abschläge in Höhe von insgesamt 545.000 Euro gezahlt hat. Außerdem macht er Mängelansprüche geltend. Der AN erhebt Klage und verlangt Zahlung von weiteren 200.000 Euro.
Ohne Erfolg! Es besteht kein Anspruch auf eine Zusatzvergütung gem. § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B. Eine Leistungsänderung aufgrund nachträglicher Anordnungen des AG ist nicht nachvollziehbar dargelegt. Verpflichtet sich der AN - wie hier - zur Errichtung einer vollständigen, funktionstüchtigen und den Regeln der Technik entsprechenden Anlage zu einem Pauschalpreis, muss er zur Darlegung eines Anspruchs auf Zusatzvergütung im Einzelnen vortragen, dass die Leistungen, für die er eine zusätzliche Vergütung verlangt, auf nachträglichen Änderungswünschen des AG und nicht auf einer zur Herstellung der werkvertraglich geschuldeten Funktionstauglichkeit notwendigen Fehlerbehebung beruhen (OLG Düsseldorf, IBR 1999, 110). Dies ist vorliegend nicht nachvollziehbar dargelegt.
Bei einer funktionalen Leistungsbeschreibung ist die Leistung (das "Ziel") über den zu erreichenden Erfolg vollständig beschrieben. Eine solche Leistungsbeschreibung ist also weder lückenhaft noch unvollständig. Deshalb steht dem Auftragnehmer bei unverändertem Leistungserfolg kein Anspruch auf zusätzliche Vergütung solcher Leistungen zu, die zur Erreichung der Funktionalität erforderlich sind (vgl. § 2 Abs. 6 VOB/B). Etwas anderes gilt, wenn eine vom Auftraggeber erstellte Planung zur Vertragsgrundlage gehört und nach Vertragsschluss angeordnete Planungsänderungen Änderungen der technischen Leistungen zur Folge haben (BGH, IBR 2008, 311; siehe auch BGH, NJW 1984, 1676, zu technisch fehlerhaften Detailvorgaben des Auftraggebers).