Die doppelte Schriftformklausel: Gerne verwendet, aber letztlich nutzlos!
(10.01.2019) Durch eine in einem vorformulierten Bauvertrag enthaltene sog. doppelte Schriftformklausel wird eine mĂĽndliche oder auch konkludente Ă„nderung der Vertragsabreden nicht ausgeschlossen, so das OLG Brandenburg, Urteil vom 26.07.2018 - 12 U 11/17.
Der Auftragnehmer (AN) macht in seiner Schlussrechnung einen Teuerungszuschlags in Höhe von 1.200 Euro geltend. Er behauptet, er hätte sich mit dem Auftraggeber (AG) im Rahmen einer Baubesprechung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach darauf geeinigt, dass eine solche Mehrvergütung vom AG gezahlt werden solle. Der AG bestreitet das. Außerdem wendet er ein, dass man unter Ziff. 15.2 des Bauvertrags eine doppelte Schriftformklausel vereinbart habe, wonach Änderungen oder Ergänzungen des Vertrags zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedürfen und dieses Formerfordernis nur schriftlich abbedungen werden kann.
Die Berufung auf die doppelte Schriftformklausel hilft dem AG nicht! Diese Klausel steht einer nach der Behauptung des AN mündlich getroffenen nachträglichen Vereinbarung nicht entgegen. Zwar handelt es sich bei der behaupteten Vereinbarung um eine nachträgliche Vertragsänderung, so dass Ziff. 15.2 des Bauvertrags grundsätzlich einschlägig ist. Wie zwischen den Parteien grundsätzlich nicht streitig ist, handelt es sich bei dem zu Grunde liegenden Bauvertrag und damit auch der doppelten Schriftformklausel jedoch um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert worden sind. Es kann dahinstehen, ob eine in AGB vereinbarte doppelte Schriftformklausel wegen Verstoßes gegen § 307 BGB unwirksam ist, weil sie den wegen § 305b BGB unzutreffenden Eindruck erweckt, eine Änderungsvereinbarung sei nur schriftlich möglich, und deshalb geeignet ist, den Vertragspartner von der Durchsetzung ihm zustehender Rechte abzuhalten (vgl. OLG Rostock, IMR 2009, 306). Denn jedenfalls ist nach der Rechtsprechung des BGH (IBR 2017, 224) eine solche Klausel wegen des Vorrangs der Individualvereinbarung nach § 305b BGB wirkungslos. Sinn und Zweck des § 305b BGB, wonach vertragliche Vereinbarungen, die die Parteien für den Einzelfall getroffen haben, nicht durch davon abweichende AGB durchkreuzt, ausgehöhlt oder ganz oder teilweise zunichte gemacht werden können, gebieten den Vorrang der Individualvereinbarung auch bei einer doppelten Schriftformklausel. Vereinbaren die Parteien - wenn auch nur mündlich - etwas anderes, so kommt dem der Vorrang zu. Dies gilt auch dann, wenn der Kläger selbst im Streitfall Verwender gewesen sein sollte, da § 305b BGB nicht nur zu Ungunsten des Verwenders wirkt (vgl. BGH, a.a.O.). Eine solche Individualvereinbarung hat der AN hier behauptet. Der geltend gemachte Anspruch steht ihm dennoch nicht zu, weil er nicht beweisen konnte, dass in der Baubesprechung eine derartige Vereinbarung tatsächlich wirksam zustande gekommen ist.
Auch nach Ansicht des OLG Karlsruhe benachteiligt die vom Auftraggeber eines Bauvertrags vorformulierte Klausel "Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrags bedürfen der Schriftform. Von dieser Schriftformvereinbarung kann nur durch schriftliche Vereinbarung abgewichen werden." den Auftragnehmer unangemessen und ist deshalb unwirksam (IBR 2018, 612).