Fehlende Meistereigenschaft ist keine Schwarzarbeit!
(04.02.2022) Zur Wirksamkeit eines Werkvertrags (hier: Abdichtungsarbeiten), wenn dem Meisterzwang unterliegende Arbeiten ohne Vorliegen des Meistertitels vorgenommen werden bzw. ohne Eintragung in die Handwerksrolle und der Beurteilung anhand des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (OLG Köln, Urteil vom 16.12.2021 - 7 U 12/20).
Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) mit der Ausführung von Abdichtungsarbeiten. Als er nach Vertragsschluss erfährt, dass der AN nicht in die Handwerksrolle eingetragen ist, hält er den Vertrag für nichtig und verlangt vom AN die Rückerstattung bereits geleisteter Zahlungen.
Ohne Erfolg! Der Werkvertrag ist nicht wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) unwirksam. Selbst wenn es sich bei den zu erbringenden Arbeiten um solche handelte, die nur ein Meisterbetrieb hätte vornehmen dürfen, führte die fehlende Meistereigenschaft des AN zu einem nur einseitigen Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 5 SchwArbG, der nicht die Nichtigkeit des Vertrags nach sich zieht. Die gegenteilige Auffassung des OLG Frankfurt (IBR 2018, 306) ist nicht überzeugend. Insbesondere widerspricht die pauschale Gleichsetzung der Schwarzarbeit in Gestalt einer "Ohne-Rechnung-Abrede" (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwArbG) mit der fehlenden beruflichen Qualifikation des Ausführenden (§ 1 Abs. 2 Nr. 5 SchwArbG) den zu § 134 BGB anerkannten Auslegungsgrundsätzen. Danach sind, wenn - wie hier - eine verbotseigene Rechtsfolgenregelung fehlt, Sinn und Zweck des verletzten Verbots entscheidend. Dies erfordert eine normbezogene Abwägung, ob es mit dem Sinn und Zweck des Verbots vereinbar oder unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung hinzunehmen bzw. bestehen zu lassen (vgl. BGH, Urteil vom 14.12.1999 - X ZR 34/98, IBRRS 1999, 0895). Abzustellen ist dabei nicht auf das generelle Verbot von Schwarzarbeit, sondern auf die Untersagung der Erbringung von Leistungen ohne die hierfür erforderliche Befähigung. Insoweit hat der BGH jedoch bereits 1984 ausgeführt, dass dem Verstoß gegen ein solches Verbot mit berufsrechtlichen Maßnahmen oder öffentlich-rechtlichen Sanktionen hinreichend Rechnung getragen werden könne, ohne dass es erforderlich wäre, einem einzelnen, im Rahmen des verbotenen Handwerksbetriebes zu Stande gekommenen Rechtsgeschäft die zivilrechtliche Wirksamkeit zu versagen (BGH, NJW 1984, 230). Darüber hinaus ziehen einseitige Verstöße des Unternehmers gegen das SchwArbG nach der Rechtsprechung des BGH in der Regel ohnehin nicht die Nichtigkeit des Vertrags nach sich (vgl. BGH, IBR 2013, 609). Ein solcher einseitiger Verstoß liegt auch hier vor, weil der AG erst später von der fehlenden Meistereigenschaft des AN erfahren hat. Die Annahme der Nichtigkeit im Fall eines einseitigen Verstoßes würde zudem zu der nicht hinnehmbaren Konsequenz führen, dass der AG weder Erfüllungs- noch Mängelansprüche geltend machen könnte, wenn sich nachträglich ein Verstoß des AN gegen das SchwarzArbG herausstellt (vgl. OLG Düsseldorf, IBR 2016, 265).
Legt der AG erkennbar Wert darauf, einen in die Handwerksrolle eingetragenen Meisterbetrieb zu beauftragen, kommt - wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind - eine Anfechtung des Vertrags gem. § 119 BGB oder eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund in Betracht (OLG Oldenburg, IBR 2010, 318). Hat der AN den AG über den Handwerksrolleneintrag arglistig getäuscht, kann der Vertrag nach § 123 BGB angefochten werden (KG, IBR 2007, 181). Meldet der AN sein Gewerbe nach Vertragsschluss ab und lässt er sich aus der Handwerksrolle austragen, soll dies den AG zum Rücktritt berechtigen (AG Mettmann, IBR 2014, 1276 - nur online).