Gewährleistungsfrist für Mängel kann im Abnahmeprotokoll verlängert werden!
(03.09.2018) Eine einseitige Ergänzung durch den Auftraggeber im Abnahmeprotokoll, dass entgegen der ursprünglichen Vereinbarung für bestimmte Gewerke die Gewährleistungsfrist für Mängel auf 10 Jahre verlängert wird, ist wirksam, wenn der Auftragnehmer das Abnahmeprotokoll unterzeichnet. Unerheblich ist dabei, dass er eine Verlängerung der Gewährleistungsfrist nicht vereinbaren wollte, so das OLG Bamberg, Urteil vom 26.06.2018 - 5 U 99/15 BGB.
Der Auftraggeber (AG) errichtet ein Mehrfamilienhaus und beauftragt für die Rohbauarbeiten einschließlich Fassade und Wärmedämmverbundsystem den Unternehmer. Die Parteien vereinbaren eine Gewährleistungszeit ausschließlich für die Dachabdichtung von 10 Jahren, im Übrigen von fünf Jahren. Nach Beendigung der Arbeiten fertigt der AG ein Abnahmeprotokoll an und nimmt die Arbeiten förmlich ab. Im Abnahmeprotokoll sind Beginn und Ende der Gewährleistungszeit mit genauem Datum enthalten sowie eine verlängerte Gewährleistungsfrist für das Dach und (nun auch) die Fassade von 10 Jahren genannt. Der Auftragnehmer (AN) unterschreibt das Protokoll. Nach Ablauf von sieben Jahren rügt der AG Mängel an der Fassade. Der AN wendet Verjährung ein, da die fünf Jahre abgelaufen seien; ein Abnahmeprotokoll könne nicht Träger rechtsgeschäftlicher Erklärungen und Vereinbarungen sein. Die Unterschrift auf dem Abnahmeprotokoll habe lediglich die Funktion, die Teilnahme am Termin und/oder die Kenntnis des Protokolls zu bestätigen. Der AN habe bei Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls keinen rechtsgeschäftlichen Erklärungswillen gehabt, die Gewährleistungsfrist für die Fassade auf 10 Jahre zu verlängern. Er habe den Passus übersehen. Letztlich könne sich der AG nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht auf eine verlängerte Gewährleistungsfrist berufen.
Ohne Erfolg! Die Ansprüche des AG sind nicht verjährt. Die im Abnahmeprotokoll enthaltenen Regelungen zur Verjährung sind Willenserklärungen. Die Parteien haben damit eine veränderte Gewährleistungsfrist vereinbart. Hintergrund ist die von den Parteien gewünschte Festlegung eines einheitlichen Beginns der Verjährungsfrist für die unterschiedlichen Gewerke. Schon deshalb handelt es sich nicht um die bloße Wiederholung eines Datums. Sie haben damit Erklärungen abgegeben, die auf die Hervorbringung eines rechtlichen Erfolgs gerichtet sind. Der AN hat der Änderung unterschriftlich zugestimmt. Dass er die Unterschrift ohne nähere Prüfung auf das Protokoll gesetzt hat, entlastet ihn nicht. Auch ist es dem AG nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben verwehrt, sich auf die verlängerte Verjährungsfrist zu berufen. Zwar erfordern die Grundsätze von Treu und Glauben, dass der Empfänger eines Vertragsangebots seinen abweichenden Vertragswillen in der Annahmeerklärung klar und unzweideutig zum Ausdruck bringt (BGH, IBR 2010, 550). Das hat jedoch der AN nicht getan.
Eine Regelung über Beginn und Ende der Verjährung im Rahmen der Abnahme, die die Parteien im Abnahmeprotokoll durch Benennung des Anfangs- und Endzeitpunkts der Gewährleistungsfrist dokumentiert haben, ist keine bloße Wissenserklärung, sondern eine Willenserklärung, weil sie auf eine Klarstellung der Gewährleistungsfristen gerichtet ist. Dies ergibt sich aus der Auslegung der diesbezüglichen Erklärungen. Im Rahmen eines rechtsgeschäftlichen und nicht nur technischen Abnahmetermins muss damit gerechnet werden, dass Erklärungen zum Beginn und/oder zum Ende der Gewährleistungsfrist abgegeben werden. Hierfür spricht bereits der rechtsgeschäftliche bzw. zumindest rechtsgeschäftsähnliche Charakter der Abnahmeerklärung des AG, bei der es sich zumindest um (s)eine einseitige Willenserklärung mit dem Inhalt der Billigung des hergestellten Werks als im Wesentlichen vertragsgerecht handelt (OLG Düsseldorf, IBR 2017, 193).