Keine Rechnung, keine Zahlung?
(05.11.2024) § 14 UStG begründet eine vertragliche Nebenpflicht zur Erteilung einer entsprechenden Rechnung. Die Nichterteilung einer den Anforderungen des § 14 UStG genügenden Rechnung löst ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB aus. 3. Dieses Zurückbehaltungsrecht wirkt lediglich ex nunc und lässt den (Zahlungs-)Verzug nicht rückwirkend entfallen. Es kann den Verzugseintritt vielmehr nur dann verhindern, wenn es vor oder bei Fälligkeit der Forderung ausgeübt wird, so das OLG Köln, Urteil vom 27.08.2024 - 4 U 54/23.
Der Verpächter V macht gegen den Pächter P klageweise Ansprüche auf Pachtzinszahlung geltend. Streitgegenständlich sind monatliche Zahlungen im Zeitraum von Februar 2013 bis Februar 2022. P wendet sich u. a. gegen die Fälligkeit der Zahlungsansprüche und beruft sich dabei auf ein - erstmals am 02.11.2022 schriftsätzlich ausgeübtes - Zurückbehaltungsrecht, das ihm zustehe, weil V keine den Anforderungen des § 14 Abs. 1 UStG entsprechende (Dauer-)Rechnung gestellt habe.
Die Klage hat Erfolg! Das Zurückbehaltungsrecht greift nicht durch, weil P dieses erst nach Fälligkeits- und Verzugseintritt geltend gemacht hat. Es handelt sich nicht um die Einrede des nichterfüllten Vertrages nach § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB, die geeignet sein kann, bereits den Verzugseintritt zu verhindern bzw. den eingetretenen Verzug entfallen zu lassen (BGH, Urteil vom 14.02.2020 - V ZR 11/18, IBRRS 2020, 0969, Rn. 38 ff.). Denn diese setzt voraus, dass es sich um Leistungspflichten in einem Gegenseitigkeitsverhältnis handelt, was grundsätzlich nur bei Hauptleistungspflichten zu bejahen ist. § 14 UStG begründet demgegenüber nur eine vertragliche Nebenpflicht und damit ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB (OLG Köln, IMR 2017, 442; OLG Düsseldorf, IMR 2007, 148), das die Verzugswirkungen nicht rückwirkend entfallen lässt.
1. Der Leistungsempfänger kann das von ihm geschuldete Entgelt grundsätzlich nach § 273 Abs. 1 BGB zurückhalten, bis der Leistende ihm die Rechnung erteilt (BGH, IBR 2014, 578). Das Zurückbehaltungsrecht schließt den Verzug mit der Erfüllung der Leistungspflicht nur aus, wenn es vor oder bei Eintritt der Verzugsvoraussetzungen ausgeübt wird. Beruft sich der Leistungsempfänger erst danach auf sein Zurückbehaltungsrecht, wird - wie vom OLG zutreffend erkannt - ein bereits eingetretener Verzug dadurch nicht beseitigt. Er muss vielmehr durch geeignete Handlungen den Verzug beenden, zum Beispiel seine eigene Leistung Zug um Zug gegen Bewirkung der Gegenleistung anbieten (BGH, ebd.).
2. Das OLG Köln weist (obiter) darauf hin, dass vom Zurückbehaltungsrecht der Höhe nach "nur der Umsatzsteueranteil betroffen wäre". Demgemäß könnte nur dieser auf Grundlage von § 273 Abs. 1 BGB einbehalten werden, nicht der gesamte Rechnungsbetrag.
3. Für Auftragnehmer eines Bau- oder Architekten-/Ingenieurvertrags gilt: Eine Rechnung kann prüfbar und damit z. B. nach § 650g Abs. 4 BGB fälligkeitsbegründend sein, ohne dass sie den Anforderungen des § 14 UStG genügt (OLG Düsseldorf, IBR 2009, 460). Des Weiteren ist § 14 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu beachten. Danach ist bei steuerpflichtigen Werklieferungen oder sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Ein Verstoß hiergegen ist nicht nur bußgeldbewehrt (§ 26a Abs. 2 Nr. 1 UStG), sondern kann auch zur Nichtigkeit des Vertrags führen (OLG Düsseldorf, IBR 2021, 135).