Kosten der Nachtragsbearbeitung sind im VOB-Vertrag erstattungsfähig!
(02.11.2017) "Nachtragsbearbeitungskosten" sind nicht durch Gemeinkostenzuschläge der Auftragskalkulation oder durch Allgemeine Geschäftskosten abgegolten. Infolge der Nachträge entstehende Kosten der Bauleitung sind als Quasi-Einzelkosten der Teilleistung der Nachtragsleistung zu behandeln, so das LG Schwerin, Urteil vom 28.06.2017 - 3 O 162/16.
Der Auftraggeber beansprucht im Zuge der Ausführung von Bauleistungen im Zusammenhang mit dem grundhaften Ausbau der BAB A19 zahlreiche geänderte und zusätzliche Leistungen. Nach Ausführung der so abgeforderten Arbeiten werden die dem Auftragnehmer zustehenden Ansprüche abgerechnet. Bis auf die in der Rechnung gesondert ausgewiesenen Nachtragsbearbeitungskosten werden die Vergütungsansprüche beglichen. Die Nachtragsbearbeitungskosten, die aus der Schlussrechnung gestrichen wurden, belaufen sich auf rund 175.000 Euro und werden klageweise geltend gemacht.
Das LG Schwerin gibt der Klage durch Grundurteil statt. Zunächst setzt sich die Kammer inhaltlich mit dem Begriff der Nachtragsbearbeitungskosten auseinander und weist darauf hin, dass bei größeren Bauvorhaben der Aufwand, den der Unternehmer im Rahmen der Nachtragsbeauftragung zu leisten hat, beträchtlich sein kann. Für den hier vorliegenden VOB/B-Vertrag nimmt das Gericht die Auffassung ein, dass "Nachtragsbearbeitungskosten" nicht durch die Gemeinkostenzuschläge der Auftragskalkulation der Nachträge oder des zu schätzenden Aufwands der Allgemeinen Geschäftskosten abgegolten seien. Auch wenn die Nachtragsbearbeitung regelmäßig durch das Baustellenleitungspersonal erbracht werde, sei ohne Weiteres nachvollziehbar, dass der Leitungsaufwand mit dem Umfang der Bauleistung ansteige und der steigende Aufwand regelmäßig nicht durch auf einzelne Positionen/Teilleistungen umgelegte Gemeinkosten gedeckt sei. Nach Auffassung des Gerichts seien die erhöhten Kosten der Bauleitung deshalb als "Quasi-Einzelkosten der Teilleistung der Nachtragsleistung" zu behandeln.
Dem Anordnungsrecht des Auftraggebers folgt die Vergütungspflicht. Dies gilt auch für den Aufwand, der neben der eigentlichen Bauleistung beim Auftragnehmer entsteht. Das LG Schwerin setzt sich detailliert mit der zum Thema der "Nachtragsbearbeitungskosten" vorliegenden Literatur und Rechtsprechung auseinander. Für den Geltungsbereich der VOB/B ist die Entscheidung nicht nur baubetriebswirtschaftlich, sondern auch rechtlich absolut zutreffend. Allerdings weist die Kammer darauf hin, dass die Höhe des geltend gemachten Anspruchs noch der Aufklärung, ergänzender Darlegung und voraussichtlich einer mehrstufigen Beweisaufnahme bedarf.