Mehraufwand wegen "normalen" Wetters: Kein Nachtrag und keine Bauzeitverlängerung!
(28.03.2018) Das Witterungsrisiko in Gestalt von "normalen" Wetterbedingungen, mit denen bei Abgabe des Angebots gerechnet werden musste, und die damit einhergehenden Kosten für später nachgeholte Arbeiten hat der Auftragnehmer zu tragen. Es mag Konstellationen geben, in denen bei besonders kurzen Ausführungsfristen das Witterungsrisiko nicht den Auftragnehmer trifft, sondern den Auftraggeber. Das kann aber nur in solchen (Ausnahme-)Fällen gelten, in denen die Größe des Zeitfensters und die sonstigen Umstände der Arbeiten derart beschaffen sind, dass es eine unbillige Belastung des Auftragnehmers darstellen würde, ihn das Witterungsrisiko tragen zu lassen, so das LG Hannover, Urteil vom 16.02.2017 - 21 O 19/16
Der Auftragnehmer (AN) erhält den Auftrag zur Ausführung von Gleisbauarbeiten. Die Arbeiten haben innerhalb von fünf Tagen und nur während bestimmter Sperrpausen zu erfolgen. Es kommt tagsüber zu Schienentemperaturen von über 38 Grad Celsius. Da die konzerninternen Richtlinien des Auftraggebers (AG) einen Verspanntemperaturbereich von 20 bis 26 Grad vorsehen, untersagt dessen Schweißüberwacher die (weitere) Durchführung der Arbeiten. Der AN führt einen Teil der Arbeiten deshalb nach dem vereinbarten Ausführungszeitraum aus und verlangt hierfür zusätzlich knapp 13.000 Euro.
Ohne Erfolg! Dem AN steht kein Anspruch auf Mehrvergütung zu. Vorliegend hat sich ein Witterungsrisiko verwirklicht, als die Schienentemperaturen keine ordnungsgemäßen Spannungsausgleichsarbeiten zuließen. Dieses Risiko und damit die Kosten für die später nachgeholten Arbeiten hat der AN zu tragen. Es ist schon unklar, wieso der AN nicht durch das Abdecken der Schienen und damit den Schutz vor Sonneneinstrahlung ein entsprechendes Aufheizen vermieden hat, um die Arbeiten doch wie geplant durchzuführen. Da die Lufttemperatur nicht über 26 Grad Celsius lag, hätte ein Schutz der Schienen vor Sonneneinstrahlung ausgereicht. Ein Anspruch auf Verlängerung der Ausführungsfristen gem. § 6 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B steht dem AN ebenfalls nicht zu. Die Wetterbedingungen waren während des Ausführungszeitraums nicht völlig ungewöhnlich. Auch eine Anwendbarkeit von § 6 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B ist vorliegend nicht wegen der Kürze der Ausführungsfrist ausgeschlossen. Es mag zwar Konstellationen geben, in denen bei besonders kurzen Ausführungsfristen das Witterungsrisiko nicht den AN, sondern den AG trifft. Allerdings muss eine solche Nichtanwendbarkeit auf diejenigen (Ausnahme-)Fälle begrenzt bleiben, in denen die Größe des Zeitfensters und die sonstigen Umstände der Arbeiten derart beschaffen sind, dass es eine unbillige Belastung des AN darstellen würde, ihn das Witterungsrisiko tragen zu lassen. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor, weil es eine relativ unaufwändige Möglichkeit gegeben hätte, durch Abdeckungen ein Aufheizen der Schienen zu vermeiden.
1. Als ungewöhnlich werden nur solche Witterungsverhältnisse angesehen, die von den klimatischen Mittelwerten der letzten 10 bis 20 Jahre signifikant abweichen (Berger, in: Beck'scher VOB-Kommentar, Teil B, 3. Aufl., § 6 Abs. 2 Rz. 83 m.w.N.).
2. Nach Ansicht des LG Karlsruhe ist die Regelung in § 6 Abs. 2 Nr. 2 VOB/B, wonach Witterungseinflüsse während der Ausführungszeit, mit denen bei Abgabe des Angebots normalerweise gerechnet werden muss, nicht als Behinderung gelten, auf Tagesbaustellen, die nur ein oder zwei Tage andauern, oder auf Bauarbeiten in Sperrpausen bei Gleisbaumaßnahmen, die nur wenige nächtliche Stunden als Bauzeit vorsehen, nicht anwendbar.