Neues Gutachten in Bröselstein-Fällen zu Gunsten der Geschädigten
(06.08.2014) Wie auch in der NRZ vom 06.08.2014 nachzulesen war, ist nunmehr in einem Klageverfahren vor dem Landgericht Duisburg eines „Bröselsteingeschädigten“ gegen die Fa. Xella International GmbH ein von dem Gericht beauftragtes Sachverständigengutachten erstellt worden. Dieses Gutachten ist auch unserer Kanzlei inhaltlich bekannt.
Überdies liegt unserer Kanzlei auch ein anderes Gutachten dieses Sachverständigen vor, welches dieser ebenfalls in einem anderweitigen Klageverfahren vor dem Landgericht Duisburg eines "Bröselsteingeschädigten" im Auftrag des Gerichts erstellt hat.
Dieser gerichtlich beauftragte Sachverständige kommt zu neuen technischen Erkenntnissen. Diese könnten die Aussichten von „Bröselsteingeschädigten“ erheblich verbessern, deren Gebäudeschaden gegenüber der Fa. Xella International GmbH erfolgreich durchzusetzen.
In den Sachverständigengutachten vertritt der Sachverständige die technische Ansicht, dass es sich bei dem sog. „Bröselstein“ (= Stein mit einem erhöhten SO³-Gehalt über einem bestimmten Grenzwert) gar nicht um einen Kalksandstein handeln würde. Laut dem Sachverständigen soll nämlich von den drei Haniel-Baustoffwerken bei der damaligen Produktion der „Bröselsteine“ der gesamte Kalk mit einem Kalksubstitut aus Rauchgasentschwefelungsanlagen ersetzt worden sein. Dies soll zur Folge haben, dass es sich bei dem dabei erstellten Stein nicht mehr um einen Kalksandstein handeln würde. Dieser Stein sei vielmehr etwas gänzlich anderes, quasi ein komplett neues Bauprodukt.
Demnach hätte dieser Stein damals von den Haniel-Baustoffwerken überhaupt nicht als Kalksandstein verkauft werden dürfen. Dennoch steht aber auf den damaligen Lieferscheinen der Haniel-Baustoffwerke unter anderem: „Kalksandsteine nach DIN 106“ mit einem Zusatzstempel „DIN 106 überwacht“ des Güteschutz Kalksandstein. Dies hat laut dem Sachverständigen gegenüber den damaligen Käufern der Steine einen Eindruck vermittelt, dass es sich bei diesen Steinen um einen bekannten und beprobten Stein gehandelt haben soll. Tatsächlich hat es sich jedoch laut dem Sachverständigen um ein gänzlich neues Bauprodukt gehandelt, was gerade nicht der damaligen DIN 106 entsprochen hat und kein Kalksandstein sei. Nach dem Sachverständigen hatte dieses neue Bauprodukt weder eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung noch eine im Einzelfall. Auch soll dieser Stein weder dem damaligen Stand der Technik noch den damals geltenden allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprochen haben. Er zieht für diesen Stein die für ihn einschlägige DIN 1053 heran und hält somit diesen Stein als tragenden Mauerstein für nicht geeignet.
Ferner weist der Sachverständige in seinen Gutachten darauf hin, dass die Haniel-Baustoffwerke damals vor deren in den Verkehr bringen der sog. "Bröselsteine" zwar die Prüfungen und Untersuchungen durchgeführt haben sollen, die sich aus der DIN 106 für Kalksandsteine ergeben haben. Da es sich jedoch bei den sog. "Bröselsteinen" laut dem Sachverständigen nicht mehr um einen Kalksandstein handelt, sondern um einen gänzlich neuen Mauerwerksstein, waren somit die damals von den Haniel-Baustoffwerken durchgeführten Untersuchungen vor deren in den Verkehr bringen gerade nicht ausreichend. Es wurden laut dem Sachverständigen damals weder genaue chemische Untersuchungen noch Langzeituntersuchungen durchgeführt, wie dies bei der Entwicklung eines neuartigen Baustoffes üblich und auch vorgeschrieben ist. Wie der Sachverständige in seinen Gutachten insoweit darauf hinweist, verläuft der schädliche chemische Prozess in dem "Bröselstein" sehr langsam. Wäre laut dem Sachverständigen der Prüfzeitraum seitens der Haniel-Baustoffwerke vor deren in den Verkehr bringen des "Bröselsteines" auf mindestens 7 Monate oder mehr erweitert worden, so hätten laut dem Sachverständigen die steinschädigenden Reaktionen von den Haniel-Baustoffwerken erkannt werden können und sogar müssen. Sollten die Gerichte diesen sachverständigen Feststellungen folgen, wären diese laut dem Beschluss des OLG Düsseldorf vom 29.04.2013 - 5 W 9/13 (auf unserer Homepage ebenfalls unter "Aktuelles" besprochen) zumindest ein erhebliche Indiz dafür, dass sich die Verantwortlichen der Haniel-Baustoffwerke im Hinblick auf die zu erzielende Kostenersparnis und den damit verbundenen höheren Gewinn bewusst der Erkenntnis einer wegen der nicht ausreichenden Prüfung weiterhin bestehenden Gefahr der Instabilität des neuen Steines verschlossen und dadurch eine Schädigung der Kunden und der Hauseigentümer bei Verwirklichung dieser Gefahr billigend in Kauf genommen haben.
Im Übrigen ist zu Gunsten der Geschädigten positiv, dass auch dieser gerichtlich beauftragte Sachverständige trotz seiner intensiven Recherchen keinen weiteren Hersteller ausfindig machen konnte, der wie die Haniel-Baustoffwerke sog. SAV-Produkte, welche in dem sog. "Bröselstein" enthalten sind, bei der Kalksandstein-Produktion eingesetzt hat, wie dies jedoch verteidigend von der Fa. Xella International GmbH gerichtlich eingewandt wird. Dies ist relevant für die Frage, ob die in einem Eigenheim verbauten "Bröselsteine" auch von den Haniel-Baustoffwerken damals produziert worden sind.
Sollten die Gerichte diesen nunmehrigen Sachverständigengutachten inhaltlich folgen, haben sich somit erheblich die Erfolgsaussichten der „Bröselsteingeschädigten“ verbessert, der Fa. Xella International GmbH als Rechtsnachfolgerin der Haniel-Baustoffwerke eine Haftung nachzuweisen.
Unter "Aktuelles" und "Vertretung von Bröselsteinopfern" finden Sie auf unserer Homepage noch weitergehende Informationen zu dem Bröselsteinskandal.