Nur eine WhatsApp-Nachricht zu schreiben, genügt im VOB/B-Vertrag nicht!
(07.02.2024) Die Schriftform der Mängelrüge ist zwingende Voraussetzung für den Eintritt der Verjährungsverlängerung nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B. Eine WhatsApp-Nachricht erfüllt das vereinbarte Schriftformerfordernis nicht, so das OLG Frankfurt, Urteil vom 21.12.2023 - 15 U 211/21.
Der Auftragnehmer (AN) führte 2012 für den Auftraggeber (AG) die Dacheindeckung des Neubaus eines Bürogebäudes aus. Die VOB/B wurde in den Vertrag einbezogen. Ab 2014 leckte das Dach. Zwischen den Parteien bestand in den Folgejahren mehrfach Kontakt, wobei inhaltlich vieles streitig ist. Unter anderem bat der Geschäftsführer des AG den AN am 28.06.2016 per WhatsApp, sich das Dach nochmals anzuschauen, weil dieses immer noch lecke. Der AN antwortete "ok" und beging das Dach am 29.06.2016. In der Berufungsinstanz begehrt der AG die Kosten der inzwischen ausgeführten Dachsanierung i.H.v. rund 100.000 Euro. Der AN verteidigt sich u. a. mit der Einrede der Verjährung.
Das OLG hält die Forderung für verjährt. Aus der Begehung des Daches am 29.06.2016 könne zwar eine Hemmung i.S.d. § 203 Satz 1 BGB abgeleitet werden. Danach seien die Verhandlungen aber "eingeschlafen", denn der AG habe nach der Dachbegehung zunächst nicht weiter reagiert. Eine Reaktion des AG wäre jedoch innerhalb eines Monats zu erwarten gewesen. Daher sei die Hemmung am 29.07.2016 beendet gewesen. Die WhatsApp-Nachricht vom 28.06.2019 habe auch keinen "Quasi-Neubeginn" einer gesonderten zweijährigen Frist nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B ausgelöst. Bei einer WhatsApp-Nachricht fehle es am hierzu erforderlichen schriftlichen Mängelbeseitigungsverlangen. Zwar gelte für das Schriftformerfordernis der VOB/B nicht § 126 BGB, sondern § 127 Abs. 2 Satz 1 BGB. Die gewillkürte Schriftform könne hiernach durch eine telekommunikative Übermittlung gewahrt werden. Hierzu sei aber eine Erklärung erforderlich, die in gleicher Weise wie ein Schriftstück verfasst sei, die in einer die Übergabe eines Schriftstücks ersetzenden Art an den Erklärungsempfänger übermittelt worden sei und aus der sich unzweideutig der Erklärende ergebe. Zudem müsse der Erklärungsempfänger in der Lage sein, das Schriftstück auszudrucken und dauerhaft abzuspeichern bzw. zu archivieren. All dies sei hier nicht gegeben. Schließlich könne ein Messenger-Dienst aufgrund der typischen Art und Weise der Benutzung zum raschen Austausch rein privater Nachrichten und gerade nicht zur Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen nicht die notwendige Warnfunktion eines Formerfordernisses erfüllen.
Die Entscheidung des OLG bringt etwas rechtliche Klarheit in den schnelllebigen Graubereich der geschäftlichen Kommunikation, der durch die Hinzunahme von WhatsApp und anderen Messenger-Diensten entstanden ist. Wer rechtssicher die (gewillkürte) Schriftform wahren will, muss zumindest eine E-Mail schreiben. Die auch im Übrigen lesenswerte Verjährungsprüfung des OLG geht weit über die oben angesprochenen Punkte hinaus. Sie arbeitet unter Nennung zahlreicher Fundstellen alle denkbaren Argumente bis hin zur Prüfung von konkludentem Einredeverzicht und Verwirkung nach § 242 BGB ab.