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Schlösseraustausch ist keine Kündigung!

Schlösseraustausch ist keine Kündigung!

(05.03.2021) Allein der Austausch der Schlösser am Bauobjekt kann nicht als Vertragskündigung verstanden werden, sondern stellt lediglich eine Unterbrechung der Bauarbeiten dar. Der Auftragnehmer muss deshalb der Aufforderung des Auftraggebers, mit den Arbeiten fortzufahren, nachkommen. Kommt der Auftragnehmer der Aufforderung zur Fortführung seiner Leistungen nicht nach, kann der Auftraggeber den Vertrag wegen Verzugs unter den in § 5 Abs. 4 VOB/B genannten Voraussetzungen kündigen, so das OLG Koblenz, Beschluss vom 02.11.2017 - 10 U 1434/16 (BGH, Beschluss vom 15.04.2020 - VII ZR 282/17 - Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Der Auftragnehmer (AN) wird vom Auftraggeber (AG) im Jahr 2013 mit Umbauarbeiten in einem Bestandsgebäude gegen Vergütung von rund 71.000 Euro beauftragt und beginnt am 09.11.2013 mit seinen Leistungen. Ende November kommt es zwischen den Parteien zu Differenzen bezüglich der Heizungsanlage. Der AG tauscht die Schlösser am Bestandsgebäude aus. Der AN stellt seine Arbeiten ein. Mit Schreiben vom 18.12.2013 fordert der AG den AN erfolglos zur Fertigstellung der beauftragten Arbeiten bis zum 31.01.2014 auf. Daraufhin kündigt der AG mit Schreiben vom 06.02.2014 den Bauvertrag aus wichtigem Grund. Mit seiner Klage verlangt er die Rückzahlung geleisteter Abschlagszahlungen i.H.v. rund 34.000 Euro, da ein Privatgutachten ergeben habe, dass der AN insoweit keine verwertbaren Leistungen erbracht habe. Zudem macht er die Kosten des Sachverständigen geltend. Entscheidung Mit Erfolg! Das Landgericht gibt der Klage statt, das OLG weist die Berufung des AN zurück. Sein Einwand, das Landgericht sei zu Unrecht von einer ordnungsgemäßen Kündigung des Bauvertrags durch den AG ausgegangen, überzeuge nicht. Der AN hafte gem. § 280 Abs. 1 BGB für die Sachverständigenkosten, da der AN die Kündigung pflichtwidrig verursacht habe, weil er der Aufforderung des AG vom 18.12.2013 nicht Folge geleistet, sondern Ende November 2013 die Arbeiten eingestellt habe. Die Kündigung habe auch nicht gegen Treu und Glauben verstoßen. Selbst wenn der AN zunächst ausgesperrt worden wäre, hätte er dennoch der Aufforderung, mit den Bauarbeiten fortzufahren, nachkommen müssen, da der Bauvertrag zunächst mangels Kündigung fortbestanden habe, weshalb der AN zur Erfüllung des Vertrags verpflichtet gewesen sei. Der Austausch der Schlösser könne nicht als Vertragskündigung verstanden werden. Zwar könne eine Kündigung gem. § 649 BGB a.F. grundsätzlich auch konkludent erfolgen. Voraussetzung sei aber, dass der Besteller durch sein Verhalten seinen Wunsch nach Vertragsbeendigung eindeutig zum Ausdruck bringe. Allein der Austausch der Schlösser rechtfertige es nicht, dem AG einen solchen Willen zu unterstellen. Dies habe auch dem Verständnis des AN entsprochen, der zunächst nur Behinderung angezeigt habe. 

Nach dem neuen Bauvertragsrecht, das für nach dem 01.01.2018 geschlossene Verträge gilt, ist eine Kündigung stets schriftlich zu erklären (§ 650h BGB). Eine konkludente Kündigung kommt dann nicht in Betracht. Der AN kann aber spätestens mit Beauftragung eines Nachfolgeunternehmers durch den AG gem. § 326 Abs. 2 BGB die Kündigungsvergütung geltend machen. Nach dem hier anwendbaren alten Recht ist die Würdigung, allein der Schlössertausch sei nicht als Kündigung zu verstehen, sicher vertretbar. Wie schmal der Grat der Einzelfallprüfung ist, zeigt der Umstand, dass ein Baustellenverbot demgegenüber als Kündigung ausgelegt werden kann (OLG Saarbrücken, IBR 2000, 531).