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Schluss mit fiktiven Mängelbeseitigungskosten auch im Kaufrecht?

Schluss mit fiktiven Mängelbeseitigungskosten auch im Kaufrecht?

(30.04.2019) Ebenso wie im Werkvertragsrecht (vgl. BGH, IBR 2018, 196) ist auch im Kaufrecht eine Berechnung des Schadensersatzes anhand der fiktiven Mängelbeseitigungskosten nicht mehr rechtlich zutreffend. Beim Verbot der Überkompensation handelt es sich um einen allgemeinen Grundsatz des allgemeinen Schadensrechts, der auch im Kaufrecht Anwendung finden muss, so das OLG Frankfurt, Urteil vom 21.01.2019 - 29 U 183/17 (nicht rechtskräftig).

Die Parteien schlossen einen Kaufvertrag über eine Immobilie. Nach der Übergabe des Grundstücks wurde festgestellt, dass Teile des Gebäudes massiv von Holzbock und Kellerschwamm befallen waren. Ein Privatgutachter bestätigte die Mängel und erstellte eine Kostenschätzung zur Sanierung der Mängel. Eine Haftung des Verkäufers wegen arglistigen Verschweigens der Mängel kam in Betracht. Nachdem die Käufer mit den Renovierungsarbeiten begonnen hatten, sollten die ermittelten fiktiven Mängelbeseitigungskosten eingeklagt werden.

Das Gericht hat sich vornehmlich damit befasst, ob die ermittelten Mängelbeseitigungskosten als Schaden zuzusprechen sind. Dagegen bestehen aber aus Sicht des Gerichts durchgreifende Bedenken, seitdem der VII. Senat des BGH mit Urteil vom 22.02.2018 (IBR 2018, 196) für den Bereich des Werkvertragsrechts die bisherige Rechtsprechung aufgegeben habe und der Schaden nicht länger nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten berechnet werden könne. Das Gericht hält abweichend vom V. Senat des BGH und dem OLG Düsseldorf (IMR 2019, 80) auch im Kaufrecht eine Schadensberechnung anhand fiktiver Mängelbeseitigungskosten für falsch. Es handle sich um eine Frage des allgemeinen Schadensrechts, die sich für das Kaufrecht in gleicher Weise stelle wie für das Werkvertragsrecht. Der V. Senat des BGH habe in der Vergangenheit auch stets erklärt, dass der Nacherfüllungsanspruch im Kaufrecht und im Werkvertragsrecht inhaltsgleich sei, so dass auch hinsichtlich des Schadensersatzes wegen Nichterfüllung eine Differenzierung nicht bestehen könne. Dies gelte auch für die Frage einer Ãœberkompensation durch Zuerkennung von fiktiven Mängelbeseitigungskosten. Das allgemeine Schadensrecht decke eine solche Besserstellung des Geschädigten nicht. Dies sei insbesondere dann nicht sachgerecht, wenn die Nacherfüllung zwar hohe Kosten verursache, hingegen nicht zu einer entsprechenden Wertsteigerung des Kaufgegenstands führe. Auch sei es nicht sachgerecht, wenn die mangelhafte Sache mit eigenen Mitteln kostengünstig saniert werde und dem Käufer der wirtschaftliche Vorteil zwischen den fiktiven Mängelbeseitigungskosten und dem eigenen Aufwand verbleibe. Ferner sei der Käufer einer Immobilie nicht schlechter gestellt als der Besteller einer mangelhaften Leistung, weil er keinen Anspruch auf Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung verlangen könne. Denn der Käufer einer mangelhaften Sache habe es in der Regel einfacher als der Besteller einer mangelhaften Leistung, sich durch die Wahl des Rücktritts und der Rückgabe der mangelhaften Kaufsache vom Vertrag wieder zu lösen. Ferner könne im Rahmen des kleinen Schadensersatzanspruchs zur mangelbedingten Wertminderung des Kaufgegenstands vorgetragen werden, ohne dafür in Vorleistung mit den Sanierungskosten treten zu müssen. 

Das Gericht folgt damit dem VII. Senat des BGH. Solange sich aber die Oberlandesgerichte in kaufrechtlichen Streitigkeiten noch uneinig sind, ob eine Schadensberechnung weiterhin anhand der fiktiven Mängelbeseitigungskosten erfolgen darf, wird man nicht umhinkommen, diese Thematik mit dem geschädigten Käufer zu diskutieren.