(Teil-)Abnahme beim Bauträger: Ingebrauchnahme allein genügt nicht!
(20.10.2016) Eine als Allgemeine Geschäftsbedingung anzusehende Klausel, nach der die (Teil-)Abnahme allein und damit unweigerlich an die tatsächliche Ingebrauchnahme des Vertragsgegenstands knüpft, ist unwirksam. Eine konkludente Abnahme durch Ingebrauchnahme ist ausgeschlossen, wenn der Besteller durch das Erheben von Beanstandungen erkennen lässt, dass er das Werk nicht als vertragsgemäß gelten lässt. so das OLG Koblenz, Urteil vom 19.10.2016 - 5 U 458/16 (nicht rechtskräftig).
Die Käufer erwarben zwei umfassend auszubauende Wohnungseinheiten. Der notarielle Vertrag enthielt folgende Regelung: "5.4. Der Käufer ist zur Teilabnahme verpflichtet, wenn der Vertragsgegenstand bezugsfertig ist (Abnahme der Bezugsfertigkeit). (...) Der Abnahme der Bezugsfertigkeit steht es gleich, wenn der Käufer sie ohne Angabe eines triftigen Grundes verweigert, wenn er sich über die Abnahme nicht erklärt, obwohl ihm der Verkäufer eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung einräumt und ihn auf die Folgen ausdrücklich hingewiesen hat, oder wenn er den Vertragsgegenstand - mit oder ohne Einverständnis des Verkäufers - in Gebrauch nimmt." Vertraglich waren die Käufer zur Hinterlegung der noch offenen Raten verpflichtet, sobald die Abnahme der Bezugsfertigkeit erfolgte. Die Käufer bezogen die Wohnungen, ohne die Abnahme zu erklären. Der Verkäufer forderte unter Fristsetzung zur Hinterlegung der offenen Kaufpreisraten auf. Die Käufer rügten diverse Mängel und hinterlegten den Betrag nicht. Der Verkäufer erklärt den Rücktritt.
Der Rücktritt ist unwirksam! Die Käufer waren nicht zur Hinterlegung verpflichtet. Der Hinterlegungsanspruch setzt die Abnahme der Bezugsfertigkeit voraus. Diese wurde nicht erklärt und kann auch nicht in der Ingebrauchnahme der Räumlichkeiten gesehen werden. Die Vereinbarung zur Abnahme der Bezugsfertigkeit ist unwirksam, weil die Verjährung hier mit der Übergabe der Wohnung beginnt (BGH, NJW-RR 2004, 949). Auch dann, wenn die Abnahme allein mit der Ingebrauchnahme fingiert wird, ist von einer Unwirksamkeit auszugehen (OLG Stuttgart, IMR 2007, 1056 - nur online). Dass es sich hier um die Vereinbarung zur Teilabnahme und nicht um die zur Abnahme des Gesamtwerks handelt, ist für die Beurteilung unbeachtlich. An die Teilabnahme knüpfen hinsichtlich des abgenommenen Teils des Gewerks alle auch bei einer Gesamtabnahme eintretenden Rechtswirkungen (Kniffka/Pause/Vogel, ibr-online-Kommentar Bauvertragsrecht, § 640 BGB Rz. 89). Eine stillschweigende Abnahme ist ebenfalls ausgeschlossen, wenn der Besteller zahlreiche Mängel rügt und die Arbeiten nicht fertig gestellt sind.
Die Abnahme wird nach § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB dann fingiert, wenn der Besteller nicht fristgerecht abnimmt, obwohl er hierzu verpflichtet war. Die Beweislast für die Abnahmereife trägt bisher der Unternehmer. Diese Fiktion soll im Zuge der Werkvertragsreform aufgehoben werden. Zudem soll § 640 Abs. 2 BGB-E neu lauten: "Als abgenommen gilt ein Werk auch, wenn der Unternehmer dem Besteller nach Fertigstellung des Werks eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt hat und der Besteller die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe von Mängeln verweigert hat. Ist der Besteller ein Verbraucher, so treten die Rechtsfolgen des Satzes 1 nur dann ein, wenn der Unternehmer den Besteller zusammen mit der der Aufforderung zur Abnahme auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Gründen verweigerten Abnahme hingewiesen hat; der Hinweis muss in Textform erfolgen." Der Besteller müsste danach die Abnahme zukünftig aktiv unter Bezeichnung der Mängelsymptome verweigern, will er den Eintritt der Abnahmewirkung verhindern. Der Unternehmer müsste nur noch beweisen, dass das Werk fertig gestellt ist. Für die Fertigstellung ist das Vorhandensein von Mängeln unerheblich. Diese setzt allein die Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistungen voraus.