Vertrag nicht unterschrieben: Auftraggeber muss übliche Vergütung zahlen!
(06.04.2023) Soll ein (hier: Generalunternehmer-)Vertrag schriftlich geschlossen werden, kommt er im Zweifel erst dann wirksam zu Stande, wenn die Vertragsurkunde von den Vertragsparteien unterschrieben wird. Die Unterzeichnung von Verhandlungsprotokollen, in denen (lediglich) Zwischenergebnisse der Verhandlungen festgehalten sind, genügt nicht. Hat der Auftragnehmer Bauleistungen erbracht, obwohl kein Vertrag zu Stande gekommen ist, steht ihm ein Aufwendungsersatzanspruch zu. Dessen Höhe richtet sich nach der üblichen Vergütung, wenn die Leistungen zu seinem Gewerbe gehören. Werden Bauleistungen auftragslos erbracht, stehen dem Auftraggeber keine Gewährleistungsansprüche zu. Gleichwohl ist kein Abschlag von der Vergütung vorzunehmen, so das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 22.02.2021 - 23 U 45/20; BGH, Beschluss vom 29.06.2022 - VII ZR 170/21 Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).
Der Auftraggeber (AG) verhandelt mit einem Generalunternehmer (GU) über den Abschluss eines Bauvertrags. AG und GU sind sich darüber einig, dass der Vertrag schriftlich geschlossen werden muss. Bereits während der Vertragsverhandlungen beginnt der GU mit den Bauarbeiten. Zum Abschluss eines schriftlichen Vertrags kommt es nicht. Lediglich unter zwei Verhandlungsprotokollen befinden sich Unterschriften. Als es zu einem Streit zwischen den Beteiligten kommt, wird die Kündigung erklärt. Der GU verlangt für die von ihm ausgeführten Leistungen 85.000 Euro.
Mit Erfolg! Zwar ist zwischen AG und GU kein Bauvertrag zu Stande gekommen. Die Beteiligten waren sich darüber einig, dass ein schriftlicher Vertrag geschlossen werden sollte. Solange sich die Parteien - wie hier - nicht über alle Punkte eines Vertrags geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist der Vertrag im Zweifel gem. § 154 Abs. 1 BGB nicht geschlossen. Vorliegend sollte der Vertragsschluss von der Unterzeichnung des GU-Vertrags abhängig gemacht werden. Das folgt bereits daraus, dass ein solcher Vertrag typischerweise umfangreiche Regelungen, auch und gerade zu den Pflichten des GU, enthält. Angesichts dessen ist die Annahme des GU, der Vertrag hätte auch allein nach den Regelungen der Verhandlungsprotokolle abgewickelt werden können und sollen, recht fernliegend. Der Aufnahme der Arbeiten kommt ebenfalls kein entscheidendes Gewicht zu, weil die Parteien vom zeitnahen Abschluss des GU-Vertrags ausgegangen sind. Da der GU seine Leistungen zwar "ohne Auftrag", aber im Interesse des AG erbracht hat, steht ihm ein Aufwendungsersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 677 BGB i.V.m. § 683 BGB) zu. Die Höhe dieses Anspruchs richtet sich nach der üblichen Vergütung, weil der GU die Leistungen im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit erbracht hat. Der Umstand, dass dem AG mangels wirksamen Vertrags keine Gewährleistungsansprüche zustehen, rechtfertigt keinen Abschlag.
Auch nach Vertragsschluss kommt es häufig vor, dass der Auftragnehmer Leistungen ausführt, die nicht zum "Bausoll" gehören. Solche Leistungen sind "ohne Auftrag" erbracht und werden grundsätzlich nicht vergütet (s. § 2 Abs. 8 Nr. 1 VOB/B). Anders ist es, wenn ihre Ausführung technisch zwingend notwendig war, um ein zweckentsprechendes und funktionstaugliches Werk zu erstellen (z. B. OLG Jena, IBR 2021, 61). Die Vergütungspflicht führt allerdings nicht dazu, dass diese Leistungen "zum Auftrag" gehören. Folglich stehen dem AG auch in diesem Fall insoweit keine Mängelansprüche zu. Man sollte sich deshalb als AG gut überlegen, ob es nicht vorteilhafter ist, solche Leistungen nachträglich anzuerkennen.