Vertragsstrafe von 0,5% der Bruttoabrechnungssumme je angefangener Woche ist zulässig!
(03.05.2022) Stellt eine vom Auftraggeber vorformulierte Vertragsstrafenklausel nicht klar, ob als Bezugsgröße für die Berechnung der Vertragsstrafenhöhe die Brutto- oder die Nettoabrechnungssumme gemeint ist, ist der AGB-Kontrolle die Bruttoabrechnungssumme zu Grunde zu legen. Erweist sich die Vertragsstrafenklausel als wirksam, ist aber bei der Anwendung der Klausel auf die Nettoabrechnungssumme abzustellen. Eine Vertragsstrafenklausel, wonach der Auftragnehmer bei einer Obergrenze von 5% für jede angefangene Woche des Verzugs eine Vertragsstrafe in Höhe von 0,5% der Rechnungssumme zu zahlen hat, stellt keine unangemessene Benachteiligung dar, so das OLG Hamburg, Urteil vom 03.02.2021 - 8 U 33/20 (BGH, Beschluss vom 08.12.2021 - VII ZR 140/21 - Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).
Ab welcher Höhe ist eine klauselmäßige Vertragsstrafenvereinbarung unwirksam? Wie ist es zu verstehen, wenn die Parteien die "Rechnungssumme" als Bezugsgröße für die Berechnung der Vertragsstrafe vereinbaren? Diese Fragen hatte das OLG Hamburg zu beantworten. Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) mit Stahlbau- und Dacharbeiten. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des AG soll bei Überschreitung des Fertigstellungstermins für jede angefangene Woche eine Vertragsstrafe von 0,5% der "Rechnungssumme" bei einer Obergrenze von insgesamt 5% der Rechnungssumme zu zahlen sein. Die AGB-Klausel enthält zudem den Hinweis, dass sonstige Rechte des AG unbeschadet bleiben sollen. Der AN gerät mit der Fertigstellung in Verzug, weshalb der AG die Vertragsstrafe geltend macht.
Die Vertragsstrafenklausel ist wirksam! Allerdings ist die Bezugsgröße der "Rechnungssumme" unklar, da es sich dabei sowohl um die Brutto- als auch um die Nettorechnungssumme handeln kann. Für den AG als Verwender der AGB bedeutet dies: Für die Unwirksamkeitsprüfung gem. § 307 BGB ist zu Lasten des AG davon auszugehen, dass eine Vertragsstrafe von 0,5% der Bruttorechnungssumme je angefangene Woche zu zahlen ist. Auch eine Vertragsstrafe in dieser Höhe ist jedoch nach dem OLG nicht zu beanstanden. Bei Berechnung der Vertragsstrafe ist dann wiederum zum Nachteil des AG lediglich auf den geringeren Nettorechnungsbetrag abzustellen. Das OLG stellt im Übrigen klar, dass die verwendete Formulierung "unbeschadet sonstiger Rechte" auch bei kundenfeindlichster Auslegung nicht dahin zu verstehen ist, dass die Vertragsstrafe neben einen Verzugsschadensersatz tritt. Eine Anrechnung der Vertragsstrafe auf einen möglichen Schadensersatzanspruch wird dadurch nicht ausgeschlossen. Es bleibt vielmehr bei der Regelung des § 340 Abs. 2 BGB, nach der die Vertragsstrafe auf den Verzugsschadensersatz anzurechnen ist.
Die zulässige Höhe einer in AGB vereinbarten Vertragsstrafe ist immer wieder Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung. Stets muss zum einen eine Begrenzung der Vertragsstrafe auf höchstens 5% der Auftragssumme vereinbart sein (BGH, IBR 2004, 561). Zum anderen darf der Tages- oder Wochensatz nicht zu hoch bemessen sein. Richtet sich die Vertragsstrafe nach Tagen, ist ein Tagessatz von 0,5% je Arbeitstag zu hoch (BGH, IBR 2002, 357). Das OLG hat hier einen Wochensatz von 0,5% für zulässig erachtet. Unterschiedlich sind in der Praxis die verwendeten Bezugsgrößen (z. B. Auftragssumme, Abrechnungssumme, Rechnungssumme). Soll sich die Vertragsstrafe nach der Rechnungssumme berechnen, sollte die Klausel klarstellen, ob die Netto- oder Bruttosumme gemeint ist. Andernfalls ist - wie hier - bei der jeweiligen AGB-Prüfung immer die für den AG ungünstigere Variante zu Grunde zu legen.