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Wann muss ein Bauvertrag notariell beurkundet werden?

Wann muss ein Bauvertrag notariell beurkundet werden?

(10.05.2021) Ein Kaufvertrag über Miteigentum an einem Grundstück bildet eine rechtliche Einheit mit einem Begleitvertrag über Bau- oder Baubetreuungsleistungen, wenn diese Leistungen durch einen mit dem Verkäufer verbundenen Unternehmer auf dem Grundstück erbracht werden sollen. Daher sind beide Verträge gem. § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB notariell zu beurkunden. Ist der Kaufvertrag notariell beurkundet, der Begleitvertrag hingegen nicht, sind im Zweifel beide Verträge nichtig, so das KG mit Urteil vom 09.02.2021 - 21 U 126/19.

E ist Eigentümer eines Grundstücks und Inhaber eines Bauunternehmens (BU). Er plant, auf dem Grundstück ein Mehrfamilienhaus zu errichten und Wohneigentum an den einzelnen Wohnungen zu bilden. Der Auftraggeber (AG) möchte eine solche Wohnung erwerben und schließt zunächst mit dem BU einen privatschriftlichen Vertrag über die Planung und Bauüberwachung ("Baubetreuungsvertrag"), bezogen auf die Errichtung einer Wohnung auf dem Grundstück des E, zum Preis von 240.000 Euro. Wenig später schließen der AG und E einen notariell beurkundeten Kaufvertrag über einen Miteigentumsanteil von 20/100 an dem Grundstück zum Kaufpreis von 20.000 Euro. Als es zu Meinungsverschiedenheiten kommt, tritt E vom Kaufvertrag zurück und nimmt den AG auf Löschung einer Vormerkung am Grundstück in Anspruch. 

Die Klage hat Erfolg! Der AG wird zur Löschung der Vormerkung Zug um Zug gegen Rückerstattung sämtlicher von ihm geleisteter Zahlungen verurteilt. Der Kaufvertrag über den Miteigentumsanteil am Grundstück ist nichtig, weil die notarielle Beurkundung sämtliche Vereinbarungen umfassen muss, aus denen sich nach dem Willen der Parteien ihr Vertrag zusammensetzt. Ein Vertrag über Bau- oder Baubetreuungsleistungen bildet eine rechtliche Einheit mit einem Grundstückskaufvertrag, wenn sie in der Weise miteinander verknüpft sind, dass das Grundstücksgeschäft vom Bauvertrag abhängt und mit diesem "stehen und fallen" soll (BGH, IBR 2010, 570). Dann ist der Bauvertrag von wesentlicher Bedeutung für den Inhalt des Kaufvertrags, so dass auch der Bauvertrag von der Beurkundung umfasst sein muss. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt, weil der Kaufvertrag geschlossen wurde, um die Ausführung des Bauvertrags zu ermöglichen (BGH, IBR 2002, 461). Nicht erforderlich ist, dass die Parteien des Kaufvertrags mit denen des Bauvertrags identisch sind, solange der Leistungserbringer des Bauvertrags maßgeblichen Einfluss auf die Durchführung des Kaufvertrags hat (BGH, IBR 2010, 570). Ebenso ist unerheblich, in welcher Reihenfolge die Verträge geschlossen werden (BGH, a.a.O.). Die Besonderheit des vorliegenden Falls, die darin besteht, dass E dem AG lediglich einen Miteigentumsanteil am Grundstück übertragen wollte, über dessen Nutzung der AG nicht würde alleine entscheiden können, führt zu keiner anderen Betrachtungsweise. Denn der AG hätte keine Möglichkeit gehabt, die Bauleistungen auf ein anderes Grundstück "umzuleiten". Vielmehr war es für ihn unausweislich, dass die Leistungen aus dem "Baubetreuungsvertrag" auf dem Grundstück zu erbringen waren, an dem er einen Miteigentumsanteil erwerben wollte. 

Ein Bauvertrag ist beurkundungsbedürftig, wenn die Parteien des Grundstückskaufvertrags diesen schließen, um die Durchführung des Bauvertrags zu ermöglichen. Ist der Grundstückskaufvertrag vom Bauvertrag unabhängig, muss er nicht beurkundet werden.