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Wer die Arbeiten einstellt, spielt mit dem Feuer!

Wer die Arbeiten einstellt, spielt mit dem Feuer!

(30.10.2018) 1. Wird der Auftragnehmer durch Umstände aus der Risikosphäre des Auftraggebers in der Ausführung eines Teils seiner Leistung behindert, berechtigt ihn das nicht dazu, seine Arbeiten insgesamt einzustellen. 2. Stellt der Auftragnehmer seine Arbeiten auf unbestimmte Zeit ein, weil der Auftraggeber ein Nachtragsangebot nicht angenommen hat, kann der Auftraggeber den Bauvertrag aus wichtigem Grund kündigen, wenn die Nachtragsforderung unberechtigt ist, so das OLG Dresden, Urteil vom 27.09.2016 - 6 U 564/16 (BGH, Beschluss vom 16.05.2018 - VII ZR 260/16 - Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Ein Tiefbauunternehmer (U) wird mit der Ausführung von Rammpfahlarbeiten beauftragt. Kurz nach Aufnahme der Arbeiten stellt U ein Nachtragsangebot über knapp 200.00 Euro, weil er das Baufeld (angeblich) nicht im vereinbarten Zustand vorgefunden hat. Außerdem meldet er noch wegen weiterer Umstände Bedenken bzw. Behinderungen an. Der Auftraggeber (AG) lehnt das Nachtragsangebot ab, weil die darin aufgeführten Arbeiten seiner Meinung nach vom "Bausoll" umfasst sind. Die Bedenken- und Behinderungsanzeigen weist er zurück. Daraufhin stellt U seine Arbeiten komplett ein. Der AG fordert U mehrfach erfolglos zur Wiederaufnahme der Arbeiten auf und erklärt anschließend - wie zuvor mehrfach angedroht - die außerordentliche Kündigung des Bauvertrags. U macht daraufhin 100.000 Euro für erbrachte und 200.000 Euro für infolge der Kündigung nicht erbrachte Leistungen geltend. Der AG kürzt die Rechnungsforderung auf 35.000 Euro. Im Ãœbrigen rechnet er mit Gegenforderungen aufgrund des ihm bei der Fortführung der Arbeiten entstandenen Mehraufwands auf. U erhebt Klage. 

Ohne Erfolg! Der AG hat den Vertrag wirksam gekündigt, weil sich U in Verzug befand. Zwar war zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung das Ende der vereinbarten Leistungszeit noch nicht erreicht. Ist aber zweifelhaft, ob der Auftragnehmer überhaupt noch bereit ist, die Arbeit fortzusetzen, gerät dieser auch dann in Verzug, wenn der Auftraggeber ihm - fruchtlos - eine angemessene Frist zur Weiterarbeit oder zur Wiederaufnahme der Arbeiten setzt. In der Aufforderung liegt dann - wie hier - die verzugsbegründende Mahnung. Daneben hat U auch gegen seine vertragliche Kooperationspflicht verstoßen. Zu keinem Zeitpunkt ließ er erkennen, wie er gedachte, die vertraglich vereinbarten Ausführungsfristen einzuhalten. Stattdessen beharrte er auf seinem Standpunkt, zur Leistungsverweigerung berechtigt zu sein, solange der AG nicht das Nachtragsangebot unterzeichnet hätte. Aus diesen Gründen war dem AG ein Festhalten am Vertrag nicht zumutbar. U hat den AG mutwillig vor die Wahl gestellt, entweder ein (unberechtigtes) Nachtragsangebot anzunehmen oder aufgrund der unbefristeten Einstellung der Gründungsarbeiten das Fortkommen des gesamten Bauvorhabens zu gefährden. Angesichts dieser Optionen blieb dem AG kein anderer Ausweg, als zu kündigen. Auch stand U kein Leistungsverweigerungsrecht zu. Zwar war er in der Ausführung seiner Leistung (teilweise) behindert. Er hätte aber an anderer Stelle des Baufelds arbeiten können. Aufgrund des bauvertraglichen Kooperationsgebots durfte er seine Arbeiten keinesfalls komplett einstellen. 

Nachtragsstreitigkeiten berechtigen den Auftragnehmer grundsätzlich nicht zur Einstellung seiner Arbeiten. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn sich der Auftraggeber endgültig weigert, eine berechtigte Nachtragsforderung zu bezahlen (BGH, IBR 2004, 486), eingereichte Nachtragsangebote komplett ignoriert werden (OLG Düsseldorf, IBR 2018, 253) oder sich der Auftraggeber mit der Bezahlung einer fälligen Abschlagsrechnung in Verzug befindet und eine ihm gesetzte angemessene Nachfrist fruchtlos verstrichen ist (§ 16 Abs. 5 Nr. 4 VOB/B). Eine Arbeitseinstellung wegen Zahlungsverzugs ist aber aufgrund etwaiger berechtigter Einbehalte aufgrund von Mängeln (siehe § 641 Abs. 3 BGB) nicht ratsam.