Wer einen Nachtrag "dem Grunde nach" beauftragt, der muss ihn auch bezahlen!
(11.11.2016) Hat der Auftraggeber einen Nachtrag "dem Grunde nach" beauftragt, steht dem Auftragnehmer ein Anspruch auf Mehrvergütung zu. Der Frage der Erforderlichkeit dieser Leistungen ist dann nicht weiter nachzugehen. Gehen die Parteien eines Bauvertrags übereinstimmend davon aus, dass sich die Höhe der Nachtragsvergütung nach den Preisansätzen in der Urkalkulation des Auftragnehmers richtet (sog. vorkalkulatorische Preisfortschreibung), ist das Gericht daran gebunden (Anschluss an BGH, IBR 2013, 261), so das OLG Koblenz, Urteil vom 10.02.2016 - 5 U 1055/15.
Der Auftragnehmer (AN) wird mit der Planung, Herstellung, Lieferung und Montage von Betonfassaden-Fertigteilen beauftragt. Als Vergütung werden 145.300 Euro vereinbart. Das Ankersystem für die vorgehängten Fassadenplatten soll der AN nach Maßgabe der Ausschreibungsunterlagen selbst wählen. Während der Ausführung kommt es zu technischen Problemen. Der AN teilt dem Auftraggeber (AG) mit, dass sich die Befestigungsart ändere und eine Neukalkulation der Fassadenverkleidung notwendig werde. Das vom AN vorgelegte Nachtragsangebot wird vom AG "dem Grunde nach" beauftragt. Obwohl sich der AG die Urkalkulation vorlegen lässt, kommt es nicht zu einer Einigung über die Nachtragshöhe. Als die Schlussrechnung des AN über 227.150 Euro vom AG auf 150.500 Euro gekürzt wird, erhebt der AN Klage und erhält vom Landgericht die übliche Vergütung in Höhe von 76.700 Euro zugesprochen. Der AG legt Berufung ein.
Nur hinsichtlich der Nachtraghöhe mit Erfolg. Es liegt eine vom AG angeordnete Änderung des Bauentwurfs vor, so dass dem AN ein Anspruch auf geänderte Vergütung (§ 2 Abs. 5 VOB/B) zusteht. Da die inhaltliche Ausgestaltung der Leistung "dem Grunde nach" vertraglicher Inhalt war, ist die Erforderlichkeit einzelner Leistungen, die in dem Nachtragsangebot des AN aufgeführt sind, nicht mehr zu debattieren. Dies betrifft insbesondere den Einsatz der Traverse sowie des Montagekrans. Nicht entscheidungserheblich ist ferner die Frage, weshalb es zu der geänderten Ausführung kam. Aus dem vorgelegten Schriftverkehr ist zu entnehmen, dass die geänderte Leistungsausführung (auch nach dem Willen des AG) erfolgen sollte und diese auch zu vergüten war. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, einen Sachverhalt anzunehmen, nach dem es in den Verantwortungsbereich des AN fiel, zu unveränderten Preisen die angebotene Leistung in ihrer konkreten Form auszuführen. Allerdings bedarf es einer Beweisaufnahme zur Höhe der in Betracht kommenden Nachtragsforderung. Jedenfalls dann, wenn die Vertragsparteien - wie hier - übereinstimmend davon ausgehen, dass sich die Berechnung des neuen Preises im Wege einer Fortschreibung der dem Vertrag zu Grunde liegenden Kalkulation des AN zu erfolgen hat, besteht kein Anlass, auf die übliche Vergütung nach § 632 Abs. 2 BGB zurückzugreifen (vgl. BGH, IBR 2013, 261).
Aus einer Beauftragung "dem Grunde nach" erwächst nicht ohne Weiteres ein Mehrvergütungsanspruch. Denn eine solche Anordnung entzieht dem Streit über die Beantwortung der Frage, ob der Nachtrag berechtigt ist, nicht die Grundlage. Nach der Rechtsprechung des BGH kann der Auftragnehmer dieselbe Leistung aufgrund einer Nachtragsvereinbarung in der Regel nicht ein zweites Mal bezahlt verlangen, wenn sie werkvertraglich bereits geschuldet und vergütet wird. Etwas anderes gilt, wenn der Auftraggeber in der Nachtragsvereinbarung eine gesonderte Vergütungspflicht selbstständig anerkannt hat oder die Vertragsparteien sich gerade in Ansehung dieser Frage verglichen haben (BGH, IBR 2005, 358). Die Aussage in Leitsatz 1 ist deshalb mit höchster Vorsicht zu genießen.